Erziehung ist kein Kinderspiel
Mit verschränkten Armen steht Jan vor seiner Mutter. „Nein, will nicht!“ Schon vier Mal hat ihn seine Mutter aufgefordert, mit ihr ins Bad zum Zähneputzen zu gehen. Doch Jan versteckt sich unterm Tisch. Die Mutter merkt, wie in ihr die Wut aufkocht. Nach anstrengenden Arbeitsstunden im Büro und einem schnellen Ausflug in den Supermarkt hätte sie sehr gerne einen ruhigeren Feierabend gehabt.
So oder ähnlich: Eltern kennen es, dieses Gefühl, wenn das Kind sich weigert, sich anziehen zu lassen. Wenn es sich auf dem Boden wälzt, weil es die Windel nicht wechseln lassen möchte. Wenn es den Teller vom Tisch kippen lässt, weil der Brei nicht schmeckt. Oder wenn es im Kaufhaus die Regale leer räumt. Was hilft jetzt? Schreien? Bitten? Drohen? Nein, es ist manchmal wirklich kein Kinderspiel, ein Kind zu erziehen. Irgendwann stößt jeder an seine Grenzen. Die Teilnahme an einem Elternkurs aber kann dazu verhelfen, auch in solchen Situationen gelassen zu reagieren.
Was ist der richtige Erziehungsstil? Die alte traditionelle Erziehung ist passé. Längst wollen Eltern nicht mehr autoritär erziehen. Im Jahr 2000 wurde die gewaltfreie Erziehung im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 1631 Abs. 2 verankert: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ Doch: Wie lassen sich Konflikte in der Familie gewaltfrei lösen? Wie viel Freiheit brauchen Kinder? Wann ist es sinnvoll, Grenzen zu setzen? „Alle wollen gute Eltern sein und das Beste für ihr Kind tun – wenn sie nur wüssten, was das Beste ist“, berichtet Paula Honkanen-Schoberth, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes.
So oder ähnlich: Eltern kennen es, dieses Gefühl, wenn das Kind sich weigert, sich anziehen zu lassen. Wenn es sich auf dem Boden wälzt, weil es die Windel nicht wechseln lassen möchte. Wenn es den Teller vom Tisch kippen lässt, weil der Brei nicht schmeckt. Oder wenn es im Kaufhaus die Regale leer räumt. Was hilft jetzt? Schreien? Bitten? Drohen? Nein, es ist manchmal wirklich kein Kinderspiel, ein Kind zu erziehen. Irgendwann stößt jeder an seine Grenzen. Die Teilnahme an einem Elternkurs aber kann dazu verhelfen, auch in solchen Situationen gelassen zu reagieren.
Was ist der richtige Erziehungsstil? Die alte traditionelle Erziehung ist passé. Längst wollen Eltern nicht mehr autoritär erziehen. Im Jahr 2000 wurde die gewaltfreie Erziehung im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 1631 Abs. 2 verankert: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ Doch: Wie lassen sich Konflikte in der Familie gewaltfrei lösen? Wie viel Freiheit brauchen Kinder? Wann ist es sinnvoll, Grenzen zu setzen? „Alle wollen gute Eltern sein und das Beste für ihr Kind tun – wenn sie nur wüssten, was das Beste ist“, berichtet Paula Honkanen-Schoberth, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes.
Elternkurse im Überblick
Erziehungshilfen für junge ElternEltern wollen gelassen sein
Die unsichere gesellschaftliche Rolle der Frauen macht die Situation nicht leichter. Einerseits wird von ihnen erwartet, dass sie arbeiten und Geld verdienen, andererseits wird von ihnen verlangt, dass sie ihre Kinder bestens begleiten. „Mütter wollen Familie und Berufstätigkeit vereinbaren – das ist nicht immer einfach“, sagt die Fachfrau. Und daraus folgt Stress. Dabei wünschen sich alle Eltern Freude und Gelassenheit im Umgang mit ihren Kindern. Paula Honkanen-Schoberth war 1985 eine der ersten, die sich an die Konzeption eines Elternkurses wagte, der sich mit genau diesen Fragen beschäftigte. ‚Starke Eltern – Starke Kinder’ haben bis heute 160.000 Väter und Mütter besucht.Viele andere Elternkurse folgten – wie zum Beispiel STEP, SPIN oder SAFE, TAFF und KESS. Ihr Ziel: Sie alle wollen Vätern und Müttern Wege zeigen, wie sie konstruktiv mit Konflikten umgehen können und sie in ihrer Erziehungskompetenz stärken.
Die Ziele mögen ähnlich sein, die Methoden sind es nicht immer. Der Grund: Die Kurse basieren auf unterschiedlichen wissenschaftlichen Hintergründen. ‚KESS’, ‚Familienrat’ und ‚Encouraging’ (Ermutigung) basieren zum Beispiel auf der Individualpsychologie Alfred Adlers. Er ging davon aus, dass jeder Mensch von Geburt an danach strebt, zu einer Gemeinschaft zu gehören. Kinder, die sich in ihrer Familie nicht gut aufgehoben fühlen, neigen demzufolge zu unsozialem Verhalten. EFFEKT kommt aus der Familienpsychologie, das heißt: Familien und deren Kinder wurden mehrere Jahre lang wissenschaftlich untersucht. In diesem Rahmen wurde die Wirksamkeit von selbst entwickeltem Fördertraining erforscht, das das Sozialverhalten verbessern soll. Triple P dagegen gründet auf Erkenntnissen der Verhaltenstherapie, sprich: Eltern erhalten hier Verhaltens-Empfehlungen, deren Anwendung dazu führen soll, dass sich das Verhalten ihres Kindes ändert. Laien können die unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätze kaum beurteilen.
Jede Familie ist einzigartig
Gut ist ein Elternkurs dann, wenn er die Teilnehmer ermutigt, den Weg zu suchen, der am besten zu ihnen und ihrer Familie passt. Jede Familie ist einzigartig. Es gibt keine fertigen Lösungen. Nachdenken, Lösungen suchen, Kontakte zu anderen Eltern aufbauen und sich untereinander austauschen – das ist wichtig.Professorin Sigrid Tschöpe-Scheffler, Direktorin des Instituts für Kindheit, Jugend und Familie in Köln, formuliert es ähnlich: „Unterstützungsangebote sind insbesondere dann erfolgreich, wenn sie die Eltern ermutigen, ihre eigenen Handlungen und Motive zu hinterfragen und sich mit anderen Eltern über ihre Konzepte auszutauschen“, schrieb sie in ihrem Buch ‚Elternkurse auf dem Prüfstand’. Würden Eltern jedoch mit ‚Erziehungsrezepten’ oder abstrakten Informationen konfrontiert, die schnellen Erfolg versprechen, ohne dass man sich darüber groß Gedanken machen müsse, sei das außerordentlich problematisch.
Erziehung ist mehr, als unerwünschtes Verhalten abzustellen. „Voraussetzung für Erziehung ist eine Beziehung“ sagt Silke Voellner, langjährige ‚Starke Eltern – starke Kinder’-Kursleiterin und Familiencoach. „Eltern haben bereits diese Beziehung, diese wunderbare einzigartige Elternliebe zu ihren wunderbaren einzigartigen Kindern! Elternkurse können dazu beitragen und helfen, dass diese Beziehung, die manchmal im Alltagsstress etwas vergraben wird, für die Eltern wieder spürbar ist und trägt.“
Probleme sind normal

Bild: Mirko Phla
Jede Familie ist einzigartig
Gut ist ein Elternkurs dann, wenn er die Teilnehmer ermutigt, den Weg zu suchen, der am besten zu ihnen und ihrer Familie passt. Jede Familie ist einzigartig. Es gibt keine fertigen Lösungen. Nachdenken, Lösungen suchen, Kontakte zu anderen Eltern aufbauen und sich untereinander austauschen – das ist wichtig.Professorin Sigrid Tschöpe-Scheffler, Direktorin des Instituts für Kindheit, Jugend und Familie in Köln, formuliert es ähnlich: „Unterstützungsangebote sind insbesondere dann erfolgreich, wenn sie die Eltern ermutigen, ihre eigenen Handlungen und Motive zu hinterfragen und sich mit anderen Eltern über ihre Konzepte auszutauschen“, schrieb sie in ihrem Buch ‚Elternkurse auf dem Prüfstand’. Würden Eltern jedoch mit ‚Erziehungsrezepten’ oder abstrakten Informationen konfrontiert, die schnellen Erfolg versprechen, ohne dass man sich darüber groß Gedanken machen müsse, sei das außerordentlich problematisch.
Erziehung ist mehr, als unerwünschtes Verhalten abzustellen. „Voraussetzung für Erziehung ist eine Beziehung“ sagt Silke Voellner, langjährige ‚Starke Eltern – starke Kinder’-Kursleiterin und Familiencoach. „Eltern haben bereits diese Beziehung, diese wunderbare einzigartige Elternliebe zu ihren wunderbaren einzigartigen Kindern! Elternkurse können dazu beitragen und helfen, dass diese Beziehung, die manchmal im Alltagsstress etwas vergraben wird, für die Eltern wieder spürbar ist und trägt.“
Elternkurse im Überblick
Erziehungshilfen für junge ElternProbleme sind normal
„Elternkurse bieten die Möglichkeit, in Ruhe den Erziehungsalltag zu reflektieren und über schwierige Situationen nachzudenken: Was hat mich da gestört? Was ist da passiert?“ berichtet Nicola Eschweiler-Trutzenberg, die ‚Starke Eltern – Starke Kinder’-Kurse leitet. Hier können Eltern lernen – aber auch entspannen. „Zu erfahren, dass Probleme in der Erziehung völlig normal sind, lässt Eltern aufatmen.“Die Reaktionen sind positiv: „Besonders froh bin ich, mich sehr intensiv mit den Fragen beschäftigt zu haben: Welche Werte sind mir wichtig? Welche Werte will ich meinem Kind vermitteln?“ berichtet die Kölnerin Sandra Montagna, die an einem Kurs ,Starke Eltern - Starke Kinder‘ teilgenommen hat. Der Kurs hat ihr ein Rüstzeug gegeben, auf das sie in vielen Alltagssituationen immer wieder zurückgreifen kann. „Zum Beispiel dann, wenn es zum Abendessen nach Hause gehen soll, meine Tochter aber auf dem Spielplatz viel lieber noch weiter schaukeln möchte. Ich habe erfahren, wie ich mich innerlich von dem Konflikt distanzieren kann, ihn mir sozusagen von außen anschaue – und auflöse.“ Wie das geht? Die Mutter hat gelernt: Konflikte entstehen immer dann, wenn zwei Bedürfnisse nicht zusammenpassen.
„Wichtig ist, nicht nur eigene Interessen, sondern auch das Bedürfnis des Kindes ernst zu nehmen. Und ihm das auch zu signalisieren: ,Ich kann verstehen, dass Du noch schaukeln möchtest, aber wir müssen nach Hause, weil ....‘ Merkt meine Tochter, dass sie verstanden wird, kocht der Konflikt oft erst gar nicht hoch. Dann kann ich einen Kompromiss vorschlagen.“ Besonders lobt sie die vertrauensvolle Atmosphäre, die durch die Kursleiterin geschaffen wurde, so dass ein intensiver persönlicher Austausch unter den Eltern möglich wurde.
Teilnehmer anderer Kurse äußern sich ähnlich. „STEP hat mir als Mutter eine zeitgemäße Kindererziehung ermöglicht, bei der jedes Kind mit seinen Stärken und Schwächen respektiert und gefördert wird“, sagt eine Mutter von zwei kleinen Kindern aus Dinslaken. Wer mit Eltern spricht, die ein Elterntraining absolviert haben, hört immer wieder: „Ich kann mich jetzt leichter in meine Kinder hineinversetzen und verstehe besser ihr Verhalten und Handeln.“
Zuwendung nimmt Stress
Auch Jans Mutter hat an einem Elterntraining teilgenommen. Zum abendlichen Machtkampf mit ihrem Sohn kommt es seitdem nicht mehr. Denn die Mutter hat begriffen: Jan braucht am Abend einfach noch eine Portion Zuwendung. Ein bisschen spielen, ein bisschen reden, ein bisschen lesen. Deshalb nimmt sie sich jeden Abend, bevor Jan ins Bett soll, eine halbe Stunde Zeit, die nur ihnen beiden gehört. Jan darf bestimmen, womit sie die Zeit ausfüllen.Einzige Voraussetzung der Mutter: Kein wildes Getobe –
dazu reichen ihre Kräfte am Abend nicht mehr. Nicht nur Jan genießt die schöne halbe Stunde, die mittlerweile ein lieb gewonnenes Ritual geworden ist. Danach geht es dann gemeinsam ins Bad, dann Richtung Bett.
SIGRID SCHULZE